Scheuertuchweberei Heinrich Döring

Die Mechanische Scheuertuchweberei Heinrich Döring in Hainewalde Scheibe 89! Eine Aufzeichnung nach einem Bericht seiner Tochter Rosemarie Oberlies geb. Döring 1925 wurde ein Gebäudeteil unseres Wohnhauses für die Unterbringung der beiden , gebraucht gekauften, Webstühle und einer Säummaschine, sowie für kurzfristige Lagerung der Fertigware ausgebaut. 1926 begann man mit der Produktion. Die erste Rechnung wurde für das Lebensmittelgeschäft der Frau Emmi Neumann am Schloss ausgestellt.

Die ersten beiden Weberinnen waren meine Großmutter Lina Tannert und eine Frau aus der Nachbarschaft. Sie waren beide über 50 Jahre alt. Danach webten zwei junge Männer von der Scheibe, ehe Frau Minna Schlemmer als ständige Kraft die Arbeit übernahm und wahrscheinlich mehr als 20 Jahre ausübte. Als Säumerinnen arbeiteten am Anfang drei Nachbarinnen und anschließend Frau Liesel Neumann ebenfalls länger als 20 Jahre. 1929 oder 1930 wurde für die Weberei-Vorbereitung und zur Lagerung von Zutaten ein Schuppen angebaut, die Finanzierung übernahmen die die Großeltern Döring. Danach konnte das Schären der Kette selbst durchgeführt werden, nachdem der Nachbar, Arno Tempel, den in seiner Familie noch vorhandene Handwebstuhl zur Schärmaschine umfunktioniert und mit einem besonders dafür geeigneten Motor ausgestattet hatte. Das Schären wurde danach meines Vaters Abendbeschäftigung. Er war außer seiner Büroarbeit ebenfalls für das Zuschneiden der Tücher und für das Verpacken der Fertigware zuständig. Wie er dann außerdem noch den Transport zur Post oder Bahn bewältigt hat, weiß ich nicht. Er bemühte sich dann Mitte der 30er Jahre um ein entsprechend leistungsfähiges kleines Auto, konnte auch einen gut erhaltenen Gebrauchtwagen, den BMW „ Dixi „ für 375,- R. Mark erstehen.

Der bekam dann noch einen kleinen Anhänger, damit konnte nun die bestellte Ware leichter zum Weitertransport zur Post oder Bahn aufgeliefert werden. Die Kunden , die teils mit Hilfe des Reichs-Adressbuches geworben, waren über ganz Deutschland verteilt. Sie waren an der Ostsee, in Oberschlesien, in Mitteldeutschland, in Baden sowie im Schwarzwald anzutreffen.

Gewebt wurde in der Scheuertuchbreite. Schließlich wollte mein Vater gerne noch zwei weitere Webstühle in Betrieb nehmen. Er begann sich erst einmal bei den Lieferanten um die Zusage der dazu zusätzlich erforderlichen Rohstoffe . Außer den beiden Abfallspinnereien in Kunnersdorf bei Bernstadt sowie in Engelberg bei Kratzau belieferte uns noch die Spinnerei „Rolinck“ aus Burgsteinfurt (an der holländischen Grenze ) mit Zwirnketten. Um sich die Zusage persönlich zu sichern, fuhr er mit seinem geliebten Dixi dorthin. Der Vater war mit den erhofften Zusagen in der Tasche wieder in Hainewalde angelangt, da begann wenige Wochen später der Krieg, der machte alle Pläne zunichte. Sofort bei Kriegsbeginn wurde mein Vater eingezogen (er war damals 41 Jahre alt ) und bei Hoyerswerda , mit Männern gleichen Alters zur Gefangenenbewachung eingesetzt. Meine Mutter hat alles getan, um die Weberei weiter zu führen, sie hatte in dieser Zeit viel Unterstützung von Freunden und Bekannten.

Ihr erstes Gesuch um Freistellung meines Vaters vom Militärdienst wurde abgelehnt. Auf Anraten eines Nachbarn hat sie noch einmal ein solches Gesuch eingereicht dem dann stattgegeben wurde. So konnte mein Vater nach Abwesenheit von ca. eines Jahres seine Arbeit in seiner Weberei wieder übernehmen. Nach dem Krieg wurde alles neu geregelt, sowohl die Belieferung mit Grobgarnen als auch die Auslieferung der daraus gefertigten Ware. Es lag alles in den Händen einer Genossenschaft, in der die Grobgarnweber zusammengeschlossen waren und die dann auch alle kaufmännischen Arbeiten erledigte. So webte mein Vater selber , als unsere Weberin Rentnerin wurde. Als auch er das Rentenalter erreicht hatte, gab er die Firma auf.

1963— Er vermietete die ehemaligen Betriebsräume für den Werkunterricht an die Schule . Nach dem Tod meines Vaters im Jahre 1975 ist dann das Haus drei Jahre später als reines Privatgrundstück verkauft worden.

Das war die Geschichte, die ich davon berichten konnte. 22. Febr. 2006

Aufgeschrieben von Rainer Buttig - Ortschronist.





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