Duell wegen Victoria Tugendreich von Kanitz

Eine Heirat mit der geborenen von Kyaw ist wegen ihres Vermögens sehr begehrt gewesen. Ihr Sarg steht noch heute in Hainewalde. Victoria Tugendreich von Kyaw wurde am 25. Mai 1657 in Gießmannsdorf als vierte Tochter des Joachim Ernst vom Kyaw geboren. Sie zählt noch heute zu den bekanntesten Hainewalder Bürgern. Am 22.Januar 1685 heiratete sie Eleutherius von Temritz. Ihr Gemahl stirbt aber schon nach nur einjähriger Ehe. Seine Witwe hatte am 26.März 1686 Tochter Katharina Blandina Tugendreich bekommen. Durch den frühzeitigen Tod des Kindes am 29.August 1687 ist die Mutter in den alleinigen Besitz eines großen Vermögens gelangt.


Deswegen war eine Heirat mit ihr fortan sehr begehrt. Pfarrer Haußdorf schreibt in seiner Trauerschrift (Zittau, 1717): „Begüterte Leute sind oft wie Bäume voller Früchte und Gebürge voller Erz, die ein Jeder antasten will, wenn leere Äste und Hügel in Ruhe bleiben“.

Die verwitwete von Temritz wollte sich dem Wunsch ihres Herzens nach mit dem kaiserlichen Oberwachtmeister Freiherrn von Schaffgotsch aus Schlesien verbinden. Die ausdrückliche Empfehlung von Kurfürst Johann Georg III. führte jedoch in der Person des kursächsischen Unterstallmeisters, Kammerherrn und Amtshauptmann von Torgau, Johann Georg von Wehlen auf Merzdorf, einen zweiten Ehekandidaten in die Schranken. Der entschiedene Widerstand, auf den die Wehlensche Bewerbung stieß, löste am 1.März 1687 einen Zweikampf zwischen den beiden Rivalen auf einem Feld bei Poritzsch unweit von Zittau aus. Eine Chronik, die sich bis heute in Zittau erhalten hat, schildert denselben sehr ausführlich. Beide Duellanten erschienen nach einer damals ziemlich gebräuchlichen Sitte zu Ross und mit Degen und Pistolen bewaffnet. Dem von Wehlen stand der Oberwachtmeister Schmeiß von Ehrenpreißberg als Sekundant zur Seite. Der sächsische Edelmann hatte unzweifelhaft die Sympathien seiner sächsischen Standesgenossen. Denn eine sehr große Anzahl des Landadels (die Chronik will von einigen Hundert wissen, jedenfalls war es ein sehr öffentliches Schauspiel) war ihm zum Entscheidungskampf gefolgt, während den Schlesischen Freiherrn nur einige Offiziere und Reiter seines Regimentes auf den Kampfplatz begleiteten. Die Gegner sprengten auf einander zu und entluden ihre Pistolen. Eine Kugel durchdrang den Sattel des Freiherrn von Schaffgotsch, eine zweite verwundete einen seiner Finger. Dem Pferd des von Wehlen wurde durch den Hals geschossen. Hierauf zogen beide die Degen und drangen so heftig aufeinander ein, dass die Pferde mit den Köpfen zusammenstießen. Keiner wurde jedoch verwundet. Man trennte nunmehr die Kämpfenden.

Die Parteien ritten zur Stadt zurück in die Wohnung des Oberstwachtmeisters Schmeiß von Ehrenpreißberg. Dort wurde die Sache beigelegt. Die Entscheidung war für Frau Temritz sehr traurig. Ungeachtet ihres Widerstrebens ist die Ehe mit Johann Georg von Wehlen am 20. Juli 1687 zu Torgau vollzogen worden, heißt es. Diese „unglückliche Ehe“ wurde 1699 getrennt. Am 18. April 1700 vermählte sich Frau von Wehlen mit Otto Ludwig von Kanitz, kursächsischer Oberst der Kavallerie. Victoria Tugendreich von Kanitz, geborene von Kyaw, verwitwete von Temritz und geschiedene von Wehlen starb am 27. Mai 1717. Ihr Sarg ist bei Führungen zu besichtigen.

Textteile entnommen aus der Familienchronik der Familie von Kyaw, Seiten 132–135

Rainer Buttig ist Ortschronist in Hainewalde.

Quelle: Sächsische Zeitung vom 02.03.2012





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